Geschichte des MGF

Die geschichtlichen Daten

Der erste Hinweis auf eine Lateinschule in Kulmbach stammt aus dem Jahr 1393: In einer Urkunde taucht ein namentlich nicht genannter “Schulmeister” auf, der die städtische Lateinschule leitet. Diese befand sich auf dem Kirchplatz neben der Hauptkirche St. Petri (heute: Kirchplatz 4). In einem Nachbargebäude wurde später die “Liberey” untergebracht, die wegen ihrer Handschriften überregional bekannt war. Am 26.November 1553, dem sogenannten Konraditag, wurden die bibliophilen Raritäten ebenso ein Raub der Flammen wie das Schulgebäude und die Stadt Kulmbach selbst.

In den Jahren 1556 bis 1567 erfolgte der Unterricht provisorisch in der Brandruine. Danach errichtete der Namenspatron des heutigen MGF-Gymnasiums, Markgraf Georg Friedrich an gleicher Stelle einen Neubau, der “Lyzeum” oder “Schola Culmbachiana” genannt wurde. Bedeutende Gelehrte wie Friedrich Taubmann, Christian Althofer und Christian Erdmann gingen aus dieser Schule hervor.

Der Abstieg der Lateinschule war vorprogrammiert, als die markgräfliche Residenz 1604 von der Plassenburg nach Bayreuth verlegt wurde. 1776 wurden die Abschlüsse in Kulmbach für eine Immatrikulation an einer Universität nicht mehr anerkannt. 1802 wandelte der preußische Minister Hardenberg die ehemalige Eliteschule aus Kostengründen in eine “Höhere Bürgerschule” um, eine nur aus zwei Klassen bestehende Schrumpfschule mit mageren Ausbildungswegen. 1872 mußte auf Wunsch des Dekanats von St. Petri das Doppelhaus am Kirchplatz geräumt werden. Die Schule wurde vorübergehend im Gebäude der heutigen Volkshochschule (Bauergasse 2) untergebracht. 1877 wollte die Stadt Kulmbach dem Provisorium ein Ende bereiten. Der Stadtmagistrat erwarb für die beträchtliche Summe von 18.000 Gulden den ehemaligen Wohnsitz der Prinzessin Christiane Sophie Wilhelmine. Doch der Erwerb stellte sich bald als Fehlinvestition heraus, wie es der Bericht einer Schulvisitation zehn Jahre nach der Umquartierung in die Obere Stadt zeigte: die Klassenzimmer waren finstere Löcher und die sanitären Einrichtungen völlig verwahrlost.

Die Kommission schlug vor, das Gebäude nicht zu sanieren, sondern gleich einen Neubau ins Auge zu fassen. Der Stadtmagistrat folgte dieser Empfehlung und erwarb das Grundstück des ehemaligen Prinzessengartens am Westhang des Rehbergs. Der erste Spatenstich für das Bauprojekt, das mit 319.000 Goldmark veranschlagt wurde, erfolgte am 16. Mai 1892. Eineinhalb Jahre später, am 25. September 1893 wurde die “Königlich Bayerische Realschule” mit einem pompösen Festakt in der Aula des I. Stockwerks eingeweiht. Das altehrwürdige Latein wurde verbannt und durch “Realfächer” ersetzt, die für das Erwerbsleben nützlich sein sollten: Die Fächer Deutsch, Englisch, Französisch, Mathematik, Physik, Geschichte, Geographie und Realzeichnen bestimmten den neuen Fächerkanon.

Nach sechs Klassen wurde einem Absolventen der Realschule der Zugang zu qualifizierten Angestelltenberufen, zum mittleren Staatsdienst oder zum Lehrerseminar eröffnet. Die Einschreibungen nahmen kontinuierlich zu, so daß die Zahl der Schüler vor dem Ersten Weltkrieg bei 250 lag. In der Zwischenkriegszeit ging sie nur leicht zurück und pendelte um 200. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte ein sprunghafter Anstieg der Schülerzahl in der zunächst achtklassigen, seit 1950 neunklassigen “Oberschule”: Wurden im Schuljahr 1947/48 schon 765 Schüler unterrichtet, so wurde 1978/79 die Rekordmarke von 1186 erreicht (Vergleichszahl für das Schuljahr 1997/98: 850 Schülerinnen und Schüler).

Mit dem Zuwachs an Schülern einher gingen bauliche Veränderungen: 1955/56 wurde der Altbau durch ein drittes Obergeschoß aufgestockt. In den Jahren 1967 bis 1970 entstand ein zweigeschossiger Neubau auf dem Gelände des Prinzessenhauses, der 1987 bis 1989 nochmals erweitert wurde. Die nächste größere Baumaßnahme erfolgte in den Jahren 2001 und 2002: Im Februar 2003 konnte die neue Zweifachturnhalle eingeweiht werden. Die nicht mehr funktionsfähige alte Turnhalle aus dem Jahr 1893 wurde 2006 abgerissen. An ihrer Stelle entstand ein Neubau, der mit einer Cafeteria, einem Internetcafe, einer Schülerbücherei und einem Aufenthaltsraum, der den modernen Anforderungen der Ganztagsbetreuung entspricht. Vier Klassenzimmer mit der für Laptop-Klassen notwendigen Ausstattung wurden integriert.

Taufe des MGF-Gymnasiums

1962 wurde allen bayerischen Gymnasien vom Kultusministerium nahegelegt, ihrer Schule eine eigene Identität zu geben. Ein Name sollte es sein, der mit der Geschichte des Ortes oder einer bedeutenden Persönlichkeit in Verbindung steht. Die Lehrerschaft der damaligen “Oberrealschule mit Gymnasium Kulmbach” rang über ein halbes Jahr in verschiedenen Konferenzen um den geeigneten Namenspatron. Am Ende spitzte sich die Kontroverse auf zwei Alternativvorschläge zu:
den Markgrafen Georg Friedrich und den Maler Hans Sueß.

Dr. Franz Pietsch, Historiker und Verfasser des Werkes “Die Geschichte der gelehrten Bildung in Kulmbach” machte sich für den Hohenzollern stark:
“Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg (1556 – 16o3) hat die unter seinem Vorgänger Albrecht Alcibiades zerstörte Stadt und Burg wieder aufgebaut und dabei den Bildungsgütern seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt. Stadt, Kirche und Schule sind ihm zu hohem Dank verpflichtet. Für den Wiederaufbau der Plassenburg und einiger städtischer Gebäude gewann er den bedeutenden Baumeister Caspar Vischer. Dieser schuf den Schönen Hof auf der Plassenburg, der heute im neuen Baedeker mit zwei Sternen verzeichnet steht, und in der Stadt die Kleinkinderschule, das Stadtschlößchen und die markgräfliche Kanzlei, das jetzige Landratsamt.(..)

Am besten aber konnte nach Georg Friedrichs Überzeugung die Religiosität durch echte Bildung gefördert werden. So steckte er das aus radikalen Finanzreformen gewonnene Kapital sofort in die Kulturpolitik. In zahlreichen Städten des Landes wurden Schulen gegründet, im ehemaligen Kloster Heilsbronn entstand ein Gymnasium als “Fürstenschule”, wo 200 Schüler Kost, Kleidung und Bücher erhielten, und an der Universität Leipzig wurden zwei Internate für je 24 arme Schüler und außerdem 40 Stipendien für vermögenslose Landeskinder geschaffen. In Kulmbach verordnete der Markgraf die Trennung der lateinischen von der “teutschen” Schule, erschien wiederholt persönlich bei Schulvisitationen und stiftete 1567 die Kosten für den ansehnlichen Neubau, in dem die Lateinschule, die Vorgängerin unserer heutigen Anstalt, dann über 300 Jahre beheimatet war.

Im Jahre 1594 ließ er Pläne zur Errichtung einer Universität für Kulmbach ausarbeiten, die jedoch wegen der Schwere der Zeit und des hohen Alters des Markgrafen nicht zur Ausführung kamen.” Wenn irgendein Name, so sollte der seine der Oberrealschule mit Gymnasium Kulmbach verliehen werden, denn Georg Friedrich war ein christlicher Humanist mit europäischem Horizont.

Alfred Födransperg setzte sich für ein “Hans-Sueß-Gymnasium” ein: “Der Maler Hans Sueß, um 1480 geboren, ist als Hans von Kulmbach in die Kunstgeschichte eingegangen. Sein Lebenslauf wird von nur wenigen Urkunden mehr gestreift als erhellt, um so deutlicher sprechen seine Werke: Altartafeln, Bildnisse, Zeichnungen, Glasgemälde, Scheibenrisse. Die neuere Forschung spart nicht mit Superlativen bei der Einschätzung Hans von Kulmbachs. Noch wird manche neugewonnene Einsicht zu erwarten sein. Soviel ist sicher: Der Meister legt den beschwerlichen Weg eines aus dem Dunkel aufsteigenden Mannes zurück, der in der verehrenden Hingabe an den Altmeister Dürer gereift ist, der jedoch vor allem in den letzten beiden Lebensjahrzehnten zu durchaus selbständigen, vor dem Forum der Weltöffentlichkeit anerkannten künstlerischen Leistungen gelangt ist. Er starb 1522. Sein Ruf geht heute über den Erdkreis. Sein Name ist Verpflichtung, seine Gestalt verehrungswürdig, sein Werdegang beispielhaft. Das gilt besonders für unsere Jugend.”

Bei der Kampfabstimmung am 1. Juni 1962 konnte sich Dr. Pietsch mit 6 Stimmen Vorsprung durchsetzen. Das “Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium Kulmbach” wurde an diesem Tag aus der Taufe gehoben.

Die Anfänge des Gymnasiums

Die Geschichte des heutigen MGF gleicht einer Wellenbewegung; schulische, ja kulturelle Höhepunkte lösen sich in seiner mehr als 600jährige: Geschichte und Vorgeschichte mit höchst bedrohlichen Katastrophen ab. Doch immer wieder wurden von Persönlichkeiten und Institutionen Mittel und Wege gefunden die Existenz und Kontinuität einer höheren Lehranstalt retteten und allen Widerständen zum Trotz zu neuer Blüte führten.

So wurde die nicht unbedeutende Lateinschule im Bundesständischen Krieg 1553 total zerstört, die Schüler flohen aus der brennenden Stadt in alle Himmelsrichtungen und wenige Jahrzehnte später wurde sie durch die Initiative und Tatkraft Markgraf Georg Friedrichs im neu erbauten Schulgebäude Kirchplatz 4, dem heutigen Kantorat der Sankt Petri Gemeinde, mit einer neuen Schülergeneration wieder eröffnet.

Ja sogar Pläne für die Gründung einer Kulmbacher Universität wurden 1594 erörtert, was sich allerdings dann durch die Dominanz Bayreuths zerschlug, nachdem der Regierungssitz 1603 von der Plassenburg nach dort verlagert wurde.

Bau der Realschule

Im 19. Jahrhundert kam es zu einem bis dahin kaum für möglich gehaltenen Niedergang der Lateinschule. 1844 sank die Schülerzahl der 3-klassigen Anstalt auf 28. Die Ursachen hierfür waren zum einen das in der industriellen Revolution entstandene oft einseitige Interesse für die Fächer der Naturwissenschaften und der Mathematik, die die Lateinschule im erwarteten Maße keineswegs anzubieten vermochte.

Andererseits waren die Lehrer neben ihrer schulischen Tätigkeit seit alters her als Kantoren und Organisten an den Kulmbacher Kirchen tätig gewesen, was, nebenbei bemerkt, auch den Hauptteil ihres Gehaltes ausmachte. Im Zuge der Zeit wurden nun diese Ämter von rein kirchlichen Bediensteten besetzt, was den Lehrern der Lateinschule buchstäblich den finanziellen Boden entzog, so dass diese im Jahre 1872 nur noch aus 2 Klassen und einem einzigen Lehrer bestand. Damit war in der Geschichte der Anstalt ein nicht mehr zu unterbietender Tiefstand erreicht. Die Rettung brachte der weitsichtige Magistrat der Stadt Kulmbach, der in der Münchener Schulverwaltung des Königreichs Bayern unter dem Prinzregenten Luitpold die adäquaten Befürworter zur Gründung der “Königlichen Realschule mit 3 Lateinklassen und Handelsabteilung sowie gewerblicher Fortbildung” fand, die am 14. Juli 1892 in eine 4-klassige, kurze Zeit später in eine 6-klassige-Realschule umgewandelt wurde. 1893 zog sie in den eigens für diese Schulart errichteten Prachtbau Am Schießgraben 1 ein, dem heutigen Hauptgebäude unseres Gymnasiums. Und wieder setzte ein neuer Aufschwung im Bildungswesen unserer Stadt ein.

Veränderungen in der NS-Zeit

Wegen der stetig gestiegenen Schülerzahlen wurde 1937 eine Elterninitiative gegründet, die das Ziel verfolgte, die Schule in eine Vollanstalt umzuwandeln. Am 13. Januar 1938 wurde daraufhin durch kultusministeriellen Erlass gemäß der damaligen 8-jährigen Gymnasialzeit, die Realschule durch eine 7. und 8. Klasse aufgestockt, so dass nun auch in Kulmbach 1940 zum 1. Mal unter Oberstudiendirektor Ludwig das Abitur abgelegt werden konnte, was bisher in Oberfranken nur in Bamberg, Bayreuth, Coburg und Hof möglich gewesen war.

Bald erfreute sich die nach dem damaligen Sprachgebrauch “Oberschule Kulmbach” eines bedeutenden Schülerzustroms, nachdem nur auch Mädchen vom 6-klassigen Städtischen Lyzeum, dem heutigen Caspar-Vischer-Gymnasium, in die Oberklassen aufgenommen werden konnten.

Doch bald legten sich – besonders vom Jahre 1942 an in immer stärkerem – Maße die Schatten des Krieges über den Schulkomplex Am Schießgraben 1: Viele Schüler der 7. und 8. Klassen wurden, ohne das Abitur vorher ablegen zu können, als Luftwaffenhelfer eingezogen; Lehrer wurden zu ihrer Begleitung abgestellt oder zur Wehrmacht einberufen; ein Teil des Gebäudes wurde Militärlazarett. Am 1. April 1945 schloss die “Oberschule Kulmbach” offiziell ihre Pforten, wie sich später herausstellen sollte, für 11 Monate.

Probleme der Nachkriegszeit

Zwar hatte in seiner äußerlichen Bausubstanz das Schulhaus – im Jahre 1945 erst 52 Jahre alt – wohl den Krieg heil überstanden. Es wurde von auch in Kulmbach in den letzten Kriegstagen einschlagenden Fliegerbomben zum Glück nicht getroffen. Um so schlimmer sah es im Inneren aus.

Während in der Zeit der Inanspruchnahme des Hauses als Kriegslazarett die schuleigenen Möbel und Geräte vorbildlich gehütet worden waren, änderte sich die Situation schlagartig mit der Evakuierung der Verwundete und der Einquartierung der Amerikaner im Gebäude nach dem 13. April 1945: Fast alle Einrichtungsgegenstände, von den Schulbänken und Schränken, über die umfangreiche Lehrer- und Schülerbücherei und die wertvollen physikalischen Geräte bis zu den ausgestopften Tieren der Biologiesammlung flogen zum Fenster hinaus und wurden von Einwohnern der Stadt – falls irgendwie geeignet als willkommenes Brennmaterial.

Als der Unterrichtsbetrieb schließlich nach 11-monatigen Zwangsferien am 1. März 1946 wieder aufgenommen wurde, standen kaum Sitzgelegenheiten zur Verfügung, geschweige denn Bücher und Hefte, Landkarten oder Versuchsgeräte. Dafür gab es Schichtunterricht bis 19.00 Uhr und knurrenden Hunger im Magen, vor allem bei den Lehrern, da sie, aus welchen Gründen auch immer, von der Schulspeisung ausgeschlossen waren. Der 1989 verstorbene Gymnasialprofessor Dr. Franz Pietsch hat in seinem Buch “Geschichte der gelehrten Bildung in Kulmbach” (erschienen 1974) eine treffende Schilderung des Neubeginns gegeben. Hier einige seiner Eindrücke:

Das Schulhaus, das während der Belegung durch die Amerikaner allabendlich in hellem Lichterglanz erstrahlt war, besaß nach ihrem Abzug keinen einzigen Leuchtkörper mehr. Wer von den Lehrkräften im glücklichen Besitz einer Glühbirne war, brachte diese zum Unterricht mit und nahm sie dann vorsorglich wieder nach Hause. Wer keine hatte, saß im Winter von etwa 17.00 Uhr ab mit seiner Klasse im Dunkeln. Eine Benutzung der erhalten gebliebenen oder wieder herbeigeschafften Wandtafeln war natürlich unmöglich: der durch die baufälligen Bankreihen sich vor- und rückwärtstastende Lehrer blieb den meisten Schülern höchsten als Silhouette erkennbar. Er konnte auch nichts diktieren und musste doch aus der Stunde etwas machen. Welch eine großartige Fälle von Möglichkeiten hätte das für die Schüler zu allen Arten von Schabernack gegeben! Die Dunkelheit war geradezu einladend, ihre Nichtausnutzung musste Überwindung kosten. Nichts von alledem. Es zählt zu den stärksten Erlebnissen aus meiner Schulzeit – so schreibt Dr. Pietsch – wie musterhaft die Schüler aller Jahrgänge sich in dieser Lage verhalten haben. “Sie waren offenbar froh, wieder Unterricht zu haben, die Dunkelheit nahmen sie als eine der gewohnten Nachkriegserscheinungen hin, das Unfugmachen wäre vielleicht auch zu bequem und ohne Risiko reizlos gewesen.”

Eine solche Situation fand Oberstudiendirektor Hans Bauer vor, als er die Leitung der Schule am 1. Juli 1948 übernahm, wobei das Hauptproblem zunächst in der allmählichen Wiederbeschaffung des verloren gegangenen Inventars bestand.

Nach einem Vortrag von OStD a.D. Dr. Kneitz am 15.10.1999
überarbeitet von Wolfgang Schoberth