Auf der diesjährigen Ausbildungsmesse kamen wir mit Herrn Ettenauer, einem der beiden Geschäftsführer der in Altenreuth ansässigen Firma Robotif ins Gespräch. Kurz darauf folgte ein Besuch des Robotiklehrers OStR Wolfgang Lormes in Altenreuth um die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von MGF und Robotik zu finden. Da es sich beim Geschäftsfeld von Robotif um ein hochtechnisiertes Aufgabengebiet handelt, entschieden wir uns, mit den Schülerinnen und Schülern des Begabtenförderungskurses am MGF bei der Firma Robotif Workshops zum Themengebiet Robotik abzuhalten.

Am 21.. und 25.2. war es dann endlich soweit: ein erster Trupp mit 6 Schülern und ihrem Lehrer Herrn Lormes fuhr mit dem Zug nach Harsdorf und wurde dort mit dem firmeneigenen Kleinbus zu Robotif gefahren. Was wir im Laufe des Tages dann dort erleben durften darf getrost als eine Sternstunde bezeichnet werden, die ein Schüler im Laufe seines Schülerdaseins erleben darf.

Der zweite Geschäftsführer, Herr Förster, seit 1986 im Bereich der Roboter- und Automatisierungstechnik tätig, nahm sich persönlich den halben Arbeitstag frei, um uns in einer äußerst einprägsamen, unterhaltsamen und sehr informativen Art und Weise in die Grundlagen der Robotik einzuführen.

Zunächst erfuhren die Schüler, in welchen Bereichen Roboter eingesetzt werden. Neben dem allseits bekannten Einsatzzweck beim Automobilbau sind die Einsatzszenarien aber weitaus vielfältiger. Neben den Platzierungsaufgaben werden Roboter überall dort eingesetzt, wo es auf immer gleichbleibende Qualität ankommt, wie zum Beispiel bei Vermessungsaufgaben. Hier nannte uns Herr Förster z.B. die Vermessung der Nutzlastverkleidung der Ariane 5 ME oder der Triebwerksabdeckungen für den Airbus A380. In beiden Fällen hat Robotif existierende Roboter weiterentwickelt, um die geforderten Genauigkeiten erreichen zu können.

Ein weiterer Einsatzort sind dann Reinräume, aus denen Menschen, die die hochreine Reinraumluft verschmutzen könnten, möglichst ferngehalten werden sollen. Hier geht es dann zum Beispiel um das komplette Handling der zu verarbeitenden Siliziumwafer.

Und schließlich erfuhren wir noch, dass überall dort, wo hohe Genauigkeit gepaart mit höchster Individualität erreicht werden soll, ein roboter das Mittel der Wahl ist. Beispielhaft sei hier erwähnt die individuelle Schuhherstellung eines nahmhaften Sportartikelherstellers oder der Bereich der operativen Medizintechnik, wie beispielsweise der Einsatz künstlicher Hüftgelenkkugeln.

Die vielfältigen Einsatzzwecke erfordern vielfältige Werkzeuge, in der Robotertechnik Aufsätze genannt. Als Anschauungsobjekte zeigte uns Herr Förster einen Sauger, einen Dreibackengreifer und einen Greifer mit Linearführung. Ebenso erläuterte er die Vor- und Nachteile eines Crashdetektors am Hals des Aufsatzes.

Nun wurde es langsam ernst. Die Aufgabenstellung des Workshops für die Schüler wurde schrittweise erarbeitet. Eine 0,5 Liter Getränkeflasche soll vom Roboterarm gegriffen, hochgehoben und an einem anderen vorher definierten Punkt abgesetzt werden. Hierzu durfte Dominik als menschlicher Roboter die Tätigkeiten mit seinem Arm ausführen und beschreiben was er tat. Doch hier wurde der Eifer jäh von Herrn Förster gebremst, denn der Roboterarm, an dem unsere Schüler üben durften, ist – wie Herr Förster immer wieder betonte – kein Spielzeug und kann mit einer maximalen Verfahrgeschwindigkeit von 12 m/s unachtsame Personen schwer verletzen! Deshalb ist zunächst das größte Augenmerk auf die Sicherheit zu legen! Im realen Einsatzszenario außerhalb de Schulungsraums müssen solche Roboter deshalb immer in Käfigen gehalten werden und vor dem ersten Verfahrmanöver muss auch immer automatisiert geprüft werden, ob die Käfigtür verschlossen und verriegelt ist und ob sich auch keine Person mehr innerhalb des Käfigs aufhält.

Nach dieser Sicherheitsunterweisung durfte Dominik dann die einzelnen Arbeitsschritte erklären: Anfahren einer Ausgangsposition, Absenken, Greifen der Flasche, Anheben, Anfahren der Position oberhalb der Endposition, Absenken, Öffnen des Greifers, Rückfahrt zur Ausgangsposition. Und schon ergaben sich neue Probleme, auf die unsere Schüler aufmerksam gemacht wurden: woher weiß man, dass der Greifer zuverlässig funktioniert? Es entstand eine Diskussion über diesbezüglich sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von Sensoren.

Die Erarbeitung der Lösung für das nächste Problem sollte den Teilnehmern viel Hirnschmalz abverlangen: Wie teilt man dem Roboter mit, an welche Position er fahren soll? Herr Förster erarbeitete mit den Schülern die notwendigen Begriffe “Tool Center Point”, “World Koordinaten”, “Tool Koordinaten”, “kartesische Koordinaten” und “Achswinkelkoordinaten”. Gut, dass es anschließend Zeit zum Mittagessen war.

In der firmeneigenen Kantine mit eigener Köchin wurden wir köstlich gestärkt. Nudeln oder mediterranes Schnitzel standen zur Auswahl. So gestärkt konnte es dann gut gelaunt weiter gehen. Auf dem Weg von der Kantine zurück in den Schulungsraum führte uns Herr Förster noch durch seine Testhalle und das Lager und beantwortete geduldig alle Fragen der Schüler.

Zurück im Schulungsraum gang es dann an die Roboterarme. Zunächst erklärte uns Herr Förster die Bedienung der Fernsteuerung. hier zeigte sich dann schnell, dass unsere Schüler gut aufgepasst hatten, denn das gedankliche notwendige Umschalten zwischen den verschiedenen zuvor gelernten Koordinatensystemen stellte sie vor keine großen Probleme, so dass das Teachen der für die anschließend durchzuführende Automatisierung notwendigen Anfahrpunkte wunderbar gelang.

Jetzt hieß es am Rechner ein Programm zu schreiben, das den Roboterarm dazu bringt, die geteachten Punkte automatisch anzufahren. Da die Syntax der verwendeten Sprache V+ sehr einfach gehalten ist stellte dies unsere versierten Schüler vor keine großen Probleme. Sehr lehrreich hingegen waren die Ausführungen von Herrn Förster, wie der Steuerprozessor des Roboterarms die Programmbefehle abarbeitet und zwischen den einzelnen Bewegungsschritten immer wieder die aktuell bestmögliche Fahrkurve berechnet. An einer handvoll zweidimensionaler Beispiele wurden den Schülern deutlich, warum der Roboterarm “förstersche Kartoffelkurven” fährt und was man tun muss um den Arm wirklich zum Anfahren bestimmter Raumpunkte zu zwingen. Das Programm war anschließend von den Schülern schnell geschrieben. Da nun der Programmierer und der Fernsteuerer aber gleichzeitig Zugriff auf den Roboterarm haben, achtete Herr Förster aus Sicherheitsgründen sehr darauf, dass ein bestimmtes Prozedere in der Kommunikation zwischen den beiden Akteuren ablief, ehe einer von beiden den Roboterarm zu einer Bewegung veranlasste.

Groß war die Freude, als sich die Roboterarme in der gewünschten Art und Weise bewegten. Zuerst langsam, dann, nachdem man sich vom ordentlichen Ablauf der Bewegungen überzeugt hatte, auch mit immer schneller programmierten Bewegungen.

Im nächsten Schritt wurde überlegt, wie sich für den einzelnen Ablauf noch etwas Zeit sparen ließ. Denn geht man davon aus, dass die Roboter in der Serienproduktion ohne Unterbrechung laufen und täglich Tausende von immer gleichen Arbeitsschritten vollführen, bringt jede gesparte Sekunde am Ende des Tages eine höhere Produktivität. Die verbesserungsmöglichkeiten wurden im Programmcode auch gleich umgesetzt und ausprobiert, bis alle Teilnehmer mit der erreichten Problemlösung zufrieden waren.

Viel zu schnell war es dann halb vier und unsere Heimfahrt stand an. Ehe wir mit dem Bus wieder zum Bahnhof gebracht wurden lobte Herr Förster unsere Schüler und zeigte sich sichtlich von deren Wissens- und Könnensstand beeindruckt. Laut seinen Worten hatte er während seiner gesamten Zeit, in der er sich mit Roboter beschäftigt nur ein einziges Mal eine Gruppe bei einer Schulung, die in der gleichen Zeit Ähnliches wie unsere MGFler zustande gebracht hatten. Und das seien fertige Ingenieure gewesen. Was für eine Auszeichnung für unsere MGFler!

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herrn Förster und allen seinen Mitarbeitern bei Robotif für die kurzweilige, begeisternde und sehr lehrreiche Schulung und die gebotene Möglichkeit für unsere Schüler, in dieses faszinierende Gebiet der Technik zu schnuppern.

Und wie sagte Steve Jobs immer so schön: “Oh, there’s one more thing!”: in Bälde brauchen unsere Schülerinnen und Schüler nicht mehr nach Harsdorf zu fahren, um in den Genuss zu kommen, sich an einem Industrieroboter zu versuchen. Mehr aber dazu erst später.

Wolfgang Lormes